Sorgende Gemeinschaft sein 
– Demenz geht uns alle an!


Rückblick auf die 5. Ittinger Fachtagung vom 24. Februar 2024

Wir blicken auf eine erfolgreiche, lehrreiche und eindrucksvolle Tagung zurück! Ganz herzlichen Dank an alle Teilnehmenden, Referenten und Workshopleitenden, die mit ihrem Beitrag und ihrer Teilnahme die Tagung gehaltvoll und lebendig gemacht haben!

Ein grosser Dank geht auch an der Organisationskomitee für ihren Einsatz und den reibungslosen Ablauf.
In Kürze werden wir hier einen Rückblick auf die Tagung 2024 präsentieren.

Review Tagungsprogramm


08.00 – Empfang und Registrierung


08.45 – Eröffnung und Grussworte Organisationskomitee, Amt für Gesundheit Kanton Thurgau und benevol


09.00 – Referat 1

Demenz bei jüngeren Menschen: Gibt es einen guten Weg?

Dr. med. Ulrike Darsow, FMH Innere Medizin, spez. Geriatrie, Leitende Ärztin Memory Clinic Spital Affoltern AG

Für jung Betroffene bedeutet Demenz, loszulassen vom Beruf, vom Beziehungsnetz, von Hobbys, vom Autofahren, von Träumen. Die Partnerschaft verändert sich, es tauchen Fragen nach Vererbung und dem Sinn des Lebens auf. Die Familie muss sich früh mit den Themen Verlust und Abschiednehmen auseinandersetzen. Finanzielle Unsicherheit kann erschwerend dazukommen. Was brauchen die Patienten und deren Familien, um weiterhin ein aktives Leben führen zu können?


09.50 – Musikalische Note mit den Saitenschletzern


10.00 – Referat 2

Demenz – oder die durch Beziehung gestiftete Identität

Prof. Dr. med. Giovanni Maio, M.A. phil., Lehrstuhl für Medizinethik, Universität Freiburg

Menschen mit Demenz sind genauso unverwechselbar wie alle Menschen. Jede Person mit Demenz hat eigene Vorlieben, eigene Stärken, eine eigene Geschichte, und jede Person mit Demenz kann diese eigene Geschichte trotz aller Einschränkungen auf ihre eigene Weise immer wieder neu erleben. Mögen Menschen mit Demenz auch ähnliche Symptome haben, ihre alten und einverleibten Erinnerungen sind genauso geblieben wie ihr unverwechselbares Wesen, und sie können jeden Tag neue Erfahrungen machen, vorausgesetzt, man spricht sie an, auf ihre Weise.


10.50 – Kaffeepause


11.20 – Musikalische Note mit den Saitenschletzern


11.30 – Referat 3

Bedingungen guten Lebens – auch für Menschen mit Demenz – und die Bedeutung sorgender Gemeinschaften

Prof. Dr. habil. Thomas Klie, Institutsleitung AGP Sozialforschung Freiburg, Rechtsanwalt Freiburg/Berlin/München, Sozialexperte und Autor

Medizinische Antworten auf die vielfältigen Formen demenzieller Erkrankungen wie die Pille gegen Demenz, gibt es nicht. Es bleibt uns nur, mit Demenz leben zu lernen. Hier sind wir als sorgende Gesellschaft gefragt: Teilhabe, Zugehörigkeit, Bedeutsamkeit für andere, Zeitgeschenk – Zeichen der Kultur unserer Gesellschaft. Es gilt die Sorge um den anderen in unseren Alltag zu integrieren. Eine Herausforderung für unsere Anthropologie und Sorgekonzepte.


12.20 – Informationen zum Nachmittag


12.30 – Mittagessen


14.15 – Workshops 1 bis 12 (Für den vollständigen Beschrieb klicken Sie bitte auf den Titel des Workshops)


Workshop 1 – Demenz geht uns alle etwas an! Einfühlende Kommunikation hilft verstehen!

Auf die Frage «Wie gelingt es Ihnen mit all den Verlusten der letzten Zeit zurecht zu kommen?» antwortet die 90-jährige demente Frau Singer mit einem Lächeln: «I nimms halt wie‘s chunnt!». Floskel oder eine hohe Resilienzfähigkeit?
Chancen und Grenzen der einfühlenden Kommunikation bei Verzweiflung, Angst und Trauer.
Praktische Anwendung und Abgrenzung zu Realitätsbezug, Mitspielen und Notlügen

Andrea Mühlegg-Weibel, Validationsbeauftragte Sonnweid, Wetzikon, Demenzexpertin,
MAS Supervision und Organisationsberatung PHSG


Workshop 2 – Demenz mitten im Leben – gleich und doch ganz anders

Fünf Prozent aller an Demenz erkrankten Menschen in der Schweiz erkranken vor dem Pensionsalter an einer Demenz. Inwieweit unterscheidet sich die Situation dieser Personen von derjenigen Betroffener 80plus? Weshalb braucht es für diese Gruppe spezifische Unterstützungsangebote? Im Workshop berichten wir über Erfahrungen, Bedürfnisse und Bedarf an Begleitung und Unterstützung, wenn eine Person mitten im Leben an einer Demenz erkrankt.

Cristina De Biasio Marinello, Co-Founderin und Geschäftsleiterin des Vereins mosa!k und begleitet jungbetroffene Menschen mit Demenz. www.mosaik-demenz.ch


Workshop 3 – Dementia Care und Palliative Care – Ideen aus der Praxis für die Praxis

Laut WHO ist Palliative Care ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung und/oder chronisch fortschreitenden Erkrankungen einhergehen.
Doch wann setzt Palliative Care ein im Falle einer Demenzerkrankung?
Wie kann man Wünsche von Menschen mit Demenz erfahren und festhalten?
Wie können Entscheidungen gefällt werden bei eingeschränkter Kommunikation?
Viele Themen tun sich auf! Im Workshop möchten wir gemeinsam erarbeiten, welche Haltungen und Konzepte für die Begleitung von Menschen mit Demenz hilfreich sein könnten.

Heidi Schänzle-Geiger, Fachpsychologin Psychotherapie FSP, Fachpsychologin Palliative Care BDP-DGP, Gerontopsychologin SGGP. Psychologin auf der Palliativstation des Kantonsspitals Münsterlingen und der ambulanten Alterspsychiatrie der Psychiatrischen Dienste Thurgau


Workshop 4 – «Ich bin Witwe/ Witwer, obwohl mein Mann/ meine Frau noch lebt»: Verlust, Schmerz und Liebe

Demenz führt zur Beziehungsveränderung. Pauline Boss spricht vom uneindeutigen, vielschichtigen Verlust – dem «Ambiguous Loss». Im Workshop sollen Fragen der Partnerschaft besprochen werden, auch Tabuthemen haben Platz.

Gabriele Kaes, Supervisorin, Kommunikationsberaterin, Erwachsenenbildnerin & Pflegefachfrau. Langjährig in der Stabsstelle Gerontologie / Gerontopsychiatrie Alterszentren Stadt Zürich


Workshop 5 – Die Rolle des Hausarztes in der Begleitung von Demenzpatienten

Wie vorgehen bei ersten Demenzsymptomen, wann macht eine Abklärung Sinn? Was ist nach der Diagnosestellung wichtig? Wie kann ich die Angehörigen unterstützen? Bei auffälligem Verhalten: welche Rolle kommt den Medikamenten zu, woran müssen wir denken? Welche Abklärungen und Interventionen sind bei somatischen Problemen angezeigt? Wie sieht das palliative Konzept bei fortschreitender Krankheit aus?

Dr. med. Roland Kunz, Geriater und Palliativmediziner, ehem. Chefarzt Stadtspital Waid, Zürich, Konsiliararzt


Workshop 6 – Demenzfreundliche Gemeinde, was braucht es dazu?

Auswirkungen der Demenz auf das gemeinschaftliche Leben? Unterstützung aus der Politik möglich und sinnvoll?

Irene Heggli, dipl. Führungsexpertin, Geschäftsleiterin Alzheimer Thurgau
Karin Hollenstein, Sozialversicherungsfachfrau mit eidg. FA, Gemeinderätin Gachnang


Workshop 7 – «Ich wünschte, ich wäre ein wilder Apfelbaum…» (József Attila)
Spirituelle Bedürfnisse im kulturellen Kontext

Spiritual Care als gemeinsame und spezialisierte Aufgabe dient der Unterstützung Erkrankter und ihrer nächsten Bezugspersonen bei der Antwortsuche auf ihre grossen Lebensfragen.
Inhalt des auf eigenes Tun zielenden Workshops:
– Spiritualität(en) als Ressource
– Die Bedeutung kultureller Prägung bzgl. Metaphern, Bildern und Ritualen sowie
– Möglichkeiten der interprofessionellen sorgenden spirituellen/seelsorglichen Begleitung

Karin Kaspers Elekes, Evangelische Theologin/Dipl.-Pädagogin/MASSc Spiritual Care


Workshop 8 – Seelsorge bei Menschen mit Demenz

In der professionalen Beziehung ist die gegenseitige Wertschätzung zentral für die Betreuung durch Pflegende und Seelsorgende, geprägt von beruhigender Geborgenheit und individuellem Eingehen, auch mit allen Sinnen. Für eine lebensgeschichtliche Seelsorge ist es gerade wesentlich, sich mit der religiösen Sozialisation eines Menschen mit Demenz vertraut zu machen.

Esther Walch Schindler, Pfarrerin, Evangelische Kirchgemeinde Frauenfeld
Alex Hutter, Diakon, Spitalseelsorger, Kantonsspital Frauenfeld


Workshop 9 – Menschen mit Demenz im Sterben begleiten

Menschen mit Demenz brauchen in besonderem Maße liebevolle Zuwendung und Fürsorge, gerade auch am Lebensende. Wie unterscheidet sich der Sterbeprozess von Menschen mit Demenz von dem anderer Menschen? Welche Bedürfnisse haben sie und wie können wir diese erkennen, wenn die Menschen sie nicht mehr äußern können? Was bedeutet Lebensqualität in dieser Situation und wie können wir dazu beitragen? In diesem Workshop beschäftigen wir uns mit den Fragen um das Lebensende bei Menschen mit Demenz.

Christiane Pröllochs, Dipl.-Päd., Leitung ambulanter Hospizdienst Arbeiter-Samariter-Bund Baden- Württemberg e.V. Region Mannheim/Rhein-Neckar


Workshop 10 – Musikspiegel – wenn Klänge Erinnerungen wachrufen

Nichts bringt Erinnerungen so unmittelbar zurück wie die Klänge des Lebens – Musik, Geräusche, ein Lied, Meeresrauschen… gemeinsam lernen wir, solche Musikspiegel zu erstellen, um neue Wege der Kommunikation und Biografiearbeit mit den Betroffenen zu kreieren sowie die Wohlbefindlichkeit zu stärken.

Martina Pohl, Klinische Musiktherapeutin MA., Dipl. Päd., MBSR Trainerin, viele Jahre Berufserfahrung im Bereich Palliative Care und Demenz. Musiktherapeutin, Alterstagesklinik Weinfelden (STGAG)


Workshop 11 – Theaterpädagogische Workshops mit Menschen mit Demenz

In der Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist oftmals Kreativität gefragt. Theaterpädagogische Workshops ermöglichen es Menschen mit Demenz Ressourcen zu mobilisieren, die sonst im Pflege- und Betreuungsalltag kaum gefragt sind. Die Workshops sind nicht nur für die Menschen mit Demenz selbst eine Bereicherung, sie tragen auch zur Befähigung der Pflegefachpersonen bei und fördern eine personenzentrierte Kultur. Im Input wird vorgestellt und diskutiert, wie theaterpädagogische Workshops und theaterpädagogische Elemente in der Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz eingesetzt werden können.

Dr. phil. Angela Schnelli, Leitung Fachstelle Spitexentwicklung Spitex Verband Thurgau, Leitung Pflegeentwicklung Genossenschaft Alterszentrum Kreuzlingen, Präsidentin Alzheimer St. Gallen, AI, AR


Workshop 12 – Menschen mit Demenz mit Migrationshintergrund

Im Workshop wollen wir für die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz mit Migrationshintergrund sensibilisieren und reflektieren, wie diese Bedürfnisse besser verstanden bzw. sichtbar gemacht werden könnten.

Sanja Ilic, MSc Pflegeexpertin APN, Demenz Beratungsstelle Kreuzlingen
Dr. med. Martin Peterson, Facharzt Psychiatrie und Psychotherapie, Psychiatrische Dienste TG


Wählen Sie Ihren gewünschten Workshop beim Ticketkauf. Für den vollständigen Beschrieb klicken Sie bitte auf den Titel des Workshops.


16.30 – Schluss im Plenum – Potpurri: Eine Hymne an das Leben


17.00 – Tagungsende



IM PROGRAMM

Die Musikalische Note mit den Saitenschletzern

Die Saitenschletzer spielen europäische Folkmusik. Volksmusik ist emotional. Sie lässt Erinnerungen aufkommen. Sie macht Freude. Sie lässt wehmütig sein. Auf diesen Ebenen spricht sie Demenzbetroffene an und kann verstummte Saiten wieder zum Klingen bringen sowie verbindende Momente fördern in der sorgenden Gemeinschaft.
Christine Aeschlimann, Geige, Flöten; Marion Durussel, Percussion;
Rolf Eberle, Percussion; Markus Aeschlimann, Geige, Mandoline;
Richard Durussel, Gitarre; Urs Berli, Kontrabass, Gitarre, Mundharmonika

www.saitenschletzer.com


Der Austausch am Nachmittag hat mich sehr bestärkt in der Netzwerkpflege und Interdisziplinarität gut unterwegs zu sein.

– Teilnehmerin der 4. Ittinger Fachtagung 2022